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RMZ Jour fixe

 

 

 

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Die Veranstaltung findet am RMZ,
Schönhauser Allee 10/11 in Raum 4.35 und per zoom statt.
Die Vorträge starten um 11.00 Uhr s.t.


https://hu-berlin.zoom-x.de/j/66137712462?pwd=bTF4VG9Ca1BxMkFqOE9xTFZxYldWQT09
Meeting-ID: 661 3771 2462
Passwort: 333635

 

 

 

 

PROGRAMM
Sommersemester 2024

 

17.04.2024
Julia Baumann (Freie Universität Berlin)

Cultures of no-feeling? Ethnografische Gefühlswelten im deutschen akademischen Arbeitsalltag

"Die akademische Kultur ist eine Kultur, in der Gefühle abwesend sind - eine Kultur des 'Nicht-Gefühls'. [...], aber Gefühle sind in der Wissenschaft reichlich vorhanden" (Bloch, 2012: 140, übersetzt aus dem Englischen von JB), schließt Charlotte Bloch ihre ethnografische Studie Passion and Paranoia zu akademischen Emotionskulturen in Dänemark.

Auf der Grundlage meiner ethnographischen Feldforschung (2019-2022) werde ich darlegen, wie eben diese „academic cultures of no-feeling“ den Alltag von Forscher*innen beeinflussen und die Wissensproduktion auch hier in Deutschland prägen. Historisch gewachsen zu einem emotionsgebundenen Wertesystem, das Gefühle als das Gegenteil von Rationalität und Wissenschaftlichkeit versteht, wird die Fähigkeit Gefühle zu regulieren oder sogar gänzlich zu unterdrücken zu einer Form von Kapital (Bourdieu 1986). Innerhalb dieser akademischen Emotionsregime ist es Kennzeichen der academic cultures of no-feeling Emotionen als nicht-existent anzunehmen. Trotzdem prägen sie das durch diese Kulturen manövrierende Individuum und die Wissensproduktion in hohem Maße.

Im Jour fixe werde ich diese vermeintliche Diskrepanz, mein Promotionsprojekt, die Methoden der Datenerhebung, meine eigene Rolle im Feld und die Ergebnisse und Analysen vorstellen, reflektieren und diskutieren. Anhand meines empirischen Materials (Grounded Theory) werde ich individuelle Gefühlswelten und Umgänge mit dem „Nicht-Gefühl“ darstellen und darlegen, welche Emotionen und Affekte den akademischen Arbeitsalltag meiner Gesprächspartner*innen prägten und inwiefern Fühlen und affektive (Re)Aktionen als systemisch eingebettet betrachtet werden können. Anhand Mut, Angst, Verzweiflung, Wut und Liebe stelle ich dar, wie eine Gefühlsunterdrückung zwar als Basis akademischer Professionalität verstanden wird, Ethnograf*innen aber hierdurch ebenso in einer affective community miteinander verbinden sind; ich zeige gleichermaßen den Umgang akademischer Institutionen mit Emotionen in Bezug auf mentale Belastungen auf; erläutere wie Diskriminierungserfahrung und Machtmissbrauch zu einer stetigen moral injury sowie (emotionalen) Widerständigkeiten führen können und führe aus, wie agencies, Identitäten und belongings innerhalb dieser akademischen Emotionsregime ausgehandelt werden.

Reference: Bloch, C. (2012). Passion and Paranoia. Emotions and the Culture of Emotion in Academia, New York/London: Routledge.

 

 

15.05.2024

Cornelia Schendzielorz, Martin Reinhart (Humboldt Universität)

The role of research collaborations in the governance of science

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29.05.2024

Henning Laux (Leibniz Universität Hannover)

Dummheit – eine soziologische Kartographie

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12.06.2024

Olof Hallonsten (Lund University)

Stop evaluating science – a historical-sociological argument

tba

 

 

26.06.2024

Marta Wróblewska (SWPS University Warsaw)

From centre to (semi)periphery: policy-making in the area of research impact evaluation in UK, Poland and Norway

The talk will offer a comparative review of policy-making in the area of research impact evaluation in UK (REF), Poland (EJDD) and Norway (Humeval and Sameval). Poland and Norway have used an ex-post, expert-review system modeled on the British REF. There are several analogies between the studied impact evaluation systems, including similar definitions of impact, the use of case studies as the basis for evaluation, the structuring of the impact template and English as the language of evaluation. There are also several differences: the mode of introduction of the exercise (gradual vs. shift), whether the exercise is tied to funding, and the level of transparency of the policy-making and evaluation process. The text will present an overview of the three approaches on impact evaluation and attempt to answer the following question: 1) How does the articulation of research impact change depending on the goals of the exercise and the broader academic and social context into which the exercise is introduced; 2) Consequently, how do the effects of the exercise differ from one national context to another?

After longer comparative part of the talk (based on an article submitted for review to Research Evaluation), I will attempt an interpretation of the ongoing process of policy-borrowing in the area of impact evaluation in terms of centre-periphery dynamics (as described by Immanuel Wallerstein) and/or Antonio Gramsci's theory of hegemony. The goal of the talk will be to test out theoretical theoretical perspectives on the data collected. I welcome any remarks and recommendations from the audience.

 

 

10.07.2024

Nicole Nelson (University of Wisconsin–Madison)

Reproducibility reforms in American biomedicine and the diffusion of the “regulatory ethos”

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RMZ Jour fixe

Wintersemester 2023/24

 

 

 

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18.10.2023

Julian Hamann (Erziehungswissenschaften, Arbeitsgruppe Hochschulforschung, Humboldt Universität)

Orientierung und Überlastung: Postdocs im multiplen Wettbewerb

Der Postdoc-Phase wurde als zentraler Qualifizierungsphase zuletzt auch wissenschaftspolitisch viel Aufmerksamkeit zuteil. Doch die Rolle von Postdocs ist offen und unterbestimmt. Die Aufgaben, mit denen Postdocs betraut werden, sind vielfältiger und komplexer als in der Promotionsphase, gleichzeitig erfahren sie weniger Orientierung und Anleitung. Der Vortrag befasst sich mit der Frage, wie Postdocs lernen was es heißt, "ein Postdoc" zu sein. Dabei wird auf eine bisher vernachlässigte Funktion wissenschaftlicher Wettbewerbe verwiesen: Verschiedene Wettbewerbe um Stellen, Drittmittel und Publikationen sind nicht nur Mechanismen zur Verteilung knapper Ressourcen. Sie haben auch eine bislang wenig berücksichtigte sozialisierende Funktion, weil sie Postdocs die an sie gestellten Erwartungen und Anforderungen vermitteln. Anhand von Interviews mit 60 Postdocs in Physik und Geschichtswissenschaft wird in einem ersten Schritt rekonstruiert, welche Wettbewerbe Postdocs welche Erwartungen und Anforderungen vermitteln. In einem zweiten Schritt wird gezeigt, inwiefern diese unterschiedlichen Erwartungen und Anforderungen bei Postdocs zu Zielkonflikten führen, die schließlich zu einer systemischen Überlastung der Postdoc-Rolle führen.

 

 

01.11.2023

Cornelia Schendzielorz/ Felicitas Heßelmann (RMZ, Humboldt Universität)

Autorschaftskonflikte als Aushandlung von Verteilungsprinzipien: Welche Vorstellungen von Gerechtigkeit finden sich in der Wissenschaft?

Der Beitrag verbindet eine qualitative, empirische Analyse mit einer theoretisch an Foucaults Konzept der Autorfunktion und an John Rawls Verständnis von Gerechtigkeit als Fairness orientierten Rahmung von Autorschaft als Währung im Wissenschaftssystem. Wissenschaftliche Ko-Autorschaft und die sich an Autorschaft entzündenden Konflikte werden dabei als Phänomen untersucht, in dem sich Wettbewerb, Rivalität und unterschiedliche Vorstellungen einer fairen Verteilung von Anerkennung, Belohnungen, Reputation und Verdienst in der Wissenschaft wie in einem Prisma brechen. Grundlage der Analyse sind umfangreiche qualitative Daten zu als konfliktiv erlebten Situationen im Zusammenhang mit der Aushandlung von Ko-Autorenschaften und Autor*innenpositionen, die in offenen Antworten im Rahmen der disziplinübergreifenden repräsentativen Trendstudie DZHW-Wissenschaftsbefragung 2019/2020 erhoben und qualitativ ausgewertet wurden. Der Beitrag widmet sich der Frage, welche Faktoren in Ko-Autorschaftskonstellationen als Anspruchsbegründungen vorgebracht werden, welche als (il-)legitime und oder (in-)akzeptable Gründe geframed werden, und inwiefern welche Faktoren den Verhandlungsrahmen bestimmen. Im Zuge der qualitativen Analyse von 748 offenen Antworten wird herausgearbeitet, welche Vorstellungen von Verteilungsgerechtigkeit sich in den berichteten konfliktiven Erfahrungen rund um wissenschaftliche Autorschaft spiegeln.

 

 

15.11.2023

Tanja Bogusz (Center for Sustainable Society Research, Universität Hamburg)

Meereswissen explorieren. Heterogene Kollaborationen an der Station Marine Concarneau

Biologische Stationen wurden in den STS bislang maßgeblich als „Grenzobjekte“ (Star & Griesemer) zwischen Feld und Labor (Kohler) untersucht. Im Gegensatz zu zeitlich begrenzten Expeditionen, oder zur „reinen“ Laborforschung praktizieren Meeres-Stationen folglich „Wissenschaft mit den Füßen im Wasser“ und sind zugleich in konkreten lokalen Gesellschaften verortet. Durch ihren spezifischen Standort befinden sie sich somit am Kreuzpunkt zwischen zwei Gebieten, die in der modernen Wissenschaftsorganisation als voneinander getrennt verstanden wurden – Meer und Gesellschaft. Meeresstationen verbinden diese nicht nur epistemisch, sondern auch physisch und temporal. Entsprechend ermöglichen Meeres-Stationen multiple Formen der Organisation von Meer-Gesellschafts-Beziehungen und marinen Wissens. Nach einer Schätzung der World Association of Marine Stations (WAMS) existieren rund tausend Meeres-Stationen weltweit. In einer Zeit jedoch, in der nachhaltige Zukünfte für Küstenbevölkerungen häufig Anlass für öko-soziale und politische Polarisierungen sind, handelt es sich bei der Integration multipler Formen von Meereswissen um eine hochkomplexe Angelegenheit. Auf der Grundlage einer rund drei-monatigen Ethnographie an der ältesten aktiven Meeres-Station der Welt, der Station Marine Concarneau, Bretagne, reflektiert mein Vortrag spezifische Modi heterogener Kollaborationen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Zunächst stelle ich die Station vor, d.h. ihr spezifisches Forschungsprofil, sowie ihre lokale und länderspezifische Exposition. Nach einer kurzen Einführung in die methodologischen Grundlagen meiner Studie (Pragmatismus, STS, Marine Social Sciences) diskutiere ich drei Typen dort beobachteter heterogener Kollaborationen a) sozio-material, b) sozio-epistemisch und c) sozio-disziplinär. Abschließend diskutiere ich daran anschließende Überlegungen zur systematischen und strategischen Bedeutung von Meeres-Stationen für inter- und transdisziplinäre Kollaborationen vor dem Hintergrund der globalen Transformation von Meer-Gesellschaft-Beziehungen.

FIELDS-Projekt: Experiencing Nature and Society : CSS : Universität Hamburg (uni-hamburg.de)

 

 

29.11.2023

Veit Braun (Soziologie mit dem Schwerpunkt Biotechnologie, Natur und Gesellschaft, Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Memories Are Made of This: Materielle Erinnerung in Biobanken

Biobanken werden mehr und mehr zu einer allgegenwärtigen Infrastruktur in der Zoologie und anderen Biowissenschaften. Sie versprechen, materielle Forschungsdaten auf unbestimmte Zeit für künftige, noch offene, aber dennoch zu erwartende Zwecke aufzubewahren. Am Beispiel der Einrichtung einer physischen und digitalen Infrastruktur für gefrorene Proben tierischen Materials geht dieser Vortrag der Frage nach, wie die Zukunft die Vergangenheit vorwegnimmt und wie gefrorene Objekte entsprechend gestaltet werden. Indem ich die Biobank zwischen den alltäglichen Routinen der Konservierung in einem Forschungslabor und den "trockenen" und "nassen" Sammlungen von Naturkundemuseen verorte, argumentiere ich, dass eingefrorene Forschungsobjekte auf zwei verschiedene Arten konserviert werden müssen: Die Nichtverfügbarkeit von Kryo-Objekten in Kühllagern zwingt Forscher*innen dazu, physische Proben („Inhalte“) unabhängig von Metadaten („Kontext“) zu behandeln. Gleichzeitig aber müssen sie eine Verbindung zwischen ihnen aufrechtzuerhalten, die ihre Wiedervereinigung nach dem Auftauen ermöglicht. Das Ergebnis ist ein gespaltenes Objekt, das ein Doppelleben zwischen Minusgraden und Raumtemperatur führt und nur durch die Oberfläche spezieller Kunststoffbehälter verbunden ist. Indem er der Herstellung von Kryo-Objekten nachgeht, versucht sich dieser Vortrag an einer Reflexion über Joanna Radins "geplanten Rückblick" als Praxis.

 

 

13.12.2023

Justo Serrano Zamora (Departamento de Filosofía, Universidad de Málaga)

Liberal Epistemologies, Participatory Initiatives, and the Current Existential Crisis of Democracy

In my talk, I explore two main responses to democracy’s current existential crisis and their mutual relation. On the one hand, many argue that we should address phenomenon of post-truth and its negative effects on democratic politics by cultivating citizens’ capacity to build their own, autonomous, judgements. On the other hand, many defend the need of participatory initiatives as a way of bringing citizens to identify with their political institutions. I argue that participatory initiatives are often jeopardized by the epistemological assumptions that draw from the current liberal struggle against post-truth. Instead of promoting liberal epistemological orientations among citizens, we need to draw on socialist or cooperative epistemologies, which make sure that citizens cultivate the necessary (social) conditions to sustain and expand projects of political participation.

 

 

10.01.2024

Sarah Schönbauer (STS Department, Technische Universität München)

Umwelt-Engagement: Meeresforschung zwischen Wissenschaft und Aktivismus

Der Klimawandel führt zu vielschichtigen und komplexen Veränderungen. Diese Veränderungen bringen unter anderem soziale, epistemische, ökonomische und politische Auswirkungen mit sich. In diesem Vortrag konzentriere ich mich insbesondere auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wissenschaftswelt und die Positionierungsarbeit von Wissenschaftler*innen. Ich frage: wie nehmen Wissenschaftler*innen Umweltveränderungen wahr und was sind die sozialen und erkenntnistheoretischen Dimensionen dieser Wahrnehmung? In meiner Fallstudie, finanziert durch ein Erwin-Schrödinger Postdoc Stipendium (FWF Austria), beschäftige ich mich mit Meeresforscher*innen und ihren Umgang mit auf den Klimawandel zurückzuführenden Umweltveränderungen in Meeres- und Polarregionen.
Das Meer ist geprägt von rapiden und vielfältigsten Umweltveränderungen. Die Meereswissenschaftler*innen die ich porträtiere, sind meist tief berührt, wenn nicht sogar erschüttert von dem, was sie untersuchen. Diese emotionalen Erfahrungen fließen in ihre Forschungen sowie in die wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit und in Protestaktionen ein. Meeresforscher*innen untersuchen Umweltveränderungen im Rahmen ihrer Feldforschung, publizieren ihre Ergebnisse in wissenschaftlichen Veröffentlichungen und teilen ihre Forschung als öffentliche Fürsprecher*innen. Darüber hinaus protestieren sie für die Einführung politischer Regulierungsmaßnahmen zur Bewältigung dieser Umweltveränderungen.
Meeresforscher*innen positionieren sich daher sowohl als traditionelle Wissenschaftler*innen als auch als Aktivist*innen. Ich konzeptualisiere die Erfahrungen und Handlungen der Forscher*innen als Umwelt-Engagement (engl. environmental engagement) und stelle entlang dieses Konzepts zwei Formen des Umwelt-Engagements vor, in der Forschung und in Protestaktivitäten. Ich zeige, dass Umwelt-Engagement sowohl kollektivierende Effekte haben und coping Mechanismen bedienen kann, dass es aber ebenso in eine wettbewerbsorientierte wissenschaftliche Arbeitsrealität eingebettet ist. Meine Studie liefert neue Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Umweltveränderungen, wissenschaftlicher Arbeit und Protestaktivitäten in Zeiten des Klimawandels. Meine Ergebnisse werde ich als Blaupause für andere Disziplinen weiterdenken. Nicht nur die Meereswissenschaft, sondern auch die Wissenschafts- und Technikforschung muss sich fragen wie eine Positionierung in sich ständig wandelnden Klimawelten gelingen kann und welche Formen des Umwelt- Engagements es dafür braucht.

 

 

24.01.2024

Nicole Holzhauser (Institut für Soziologie, Technische Universität Braunschweig)

Auf wessen Schultern? Oder: Die Entzauberung der Riesen - Eine Reflexion über soziologisches Kanonisieren (ABGESAGT WEGEN KRANKHEIT)

In der wissenschaftlichen Tradition wird oft betont, dass Forscher:innen "auf den Schultern von Riesen" stehen – doch wer (und was) sind eigentlich diese „Riesen“? Dieser Vortrag widmet sich dem Prozess der Kanonisierung in der Soziologie und untersucht theoretisch und empirisch, welche Werke, Ideen und Denker:innen kanonisiert werden und warum. Ausgehend von Robert K. Mertons historisch-soziologischer Auseinandersetzung mit dem Aphorismus "Auf den Schultern von Riesen“ werden dabei insbesondere die sozialen Mechanismen hinter der Kanonisierung beleuchtet.

 

 

07.02.2024

Malte Jansen/ Aishvarya Aravindan Rajagopal (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen IQB, Humboldt Universität Berlin)

The Reproducibility and Robustness of Secondary Analyses in Educational Research: The Role of Publication Bias and Researcher Degrees of Freedom

Many educational researchers conduct secondary data analysis using large-scale school assessment studies that usually include various variables based on representative samples. To access such data, researchers must often apply by submitting a research proposal. Our project aims to examine the reproducibility and robustness of secondary data analyses from a research data center that offers over 70 educational studies for secondary analyses. This approach provides us with a unique database of data usage applications. In these applications, researchers describe their central questions, hypotheses, and planned analytic approach. Between 2008 and 2020, around 600 data applications from over 900 researchers resulted in around 180 publications. Based on this data and an additional survey of applicants about their project results, we will examine which data applications result in publications. Second, we will reproduce the published results of a selected subsample of data applications by using the information given by researchers in the publication. This direct reproduction of study results might provide hints on improving transparent descriptions of the research process. Third, we will explore the heterogeneity in effect estimates introduced by different analytical strategies and datasets using robustness checks on a smaller subsample of publications. The talk will overview the project and present the first results.

 

 

in der Semesterpause:

 

06.03.2024

Holger Straßheim (Fakultät für Soziologie, Universität Bielefeld)

Politische Epistemologie

 

Der Beitrag setzt sich mit Perspektiven der politischen Epistemologie auseinander, die sich mittlerweile zu einem soziologischen, politikwissenschaftlichen, philosophischen und historischen Brückenkonzept entwickelt hat. Trotz unterschiedlicher disziplinärer Zugänge lassen sich gemeinsame Kernelemente und ähnliche Theoriestrategien ausmachen: Immer geht es dabei um die Identifikation jener Mechanismen, die Erkenntnis und Ordnung, Expertise und Entscheiden miteinander vermitteln. Politische Epistemologien fragen nach den Praktiken bzw. Diskursen der Ko-Konstruktion von politischer und epistemischer Autorität. Sie vergleichen jene kulturellen und institutionellen Arrangements, in denen Expertise an Legitimität und Geltungsmacht gewinnt (oder verliert). Während ‚objektivistische Epistemologien' auf eine Rationalisierung der Politik durch die Wissenschaft hoffen, ist die politische Epistemologie skeptischer. Mit der globalen Ausweitung von Kommunikations- und Interaktionshorizonten verbinden sich vielmehr - so eine leitende Vermutung - sehr unterschiedliche, potentiell umstrittene Wege der wechselseitigen Durchdringung von Politik und Wissenschaft und damit auch konkurrierende Legitimitäts- und Rationalitätsvorstellungen. Der Beitrag skizziert zunächst Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Zugängen zur politischen Epistemologie und arbeitet Kernkonzepte und -erkenntnisse heraus. Ein zweiter Teil fokussiert dann anhand von Beispielen auf politisch-epistemische Mechanismen der Ko-Konstruktion. Der Vortrag schließt mit Überlegungen zu Konfliktdynamiken im Verhältnis von Wissenschaft und Politik unter den Bedingungen der Weltgesellschaft.   

 

 

 


 

RMZ Jour fixe

Sommersemester 2023

 

 

 

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19.04.2023

Felicitas Heßelmann

Wörter zählen: Der Einsatz von Plagiatssoftware bei wissenschaftlichen Journals

Im wissenschaftlichen Publikationswesen ist der Einsatz von Software zum Screening von Manuskripten auf problematische Textübernahmen, oft als „Plagiatsscanner" bezeichnet, mittlerweile weit verbreitet. Dabei prüfen diese Programme eingereichte Artikel häufig automatisch und bewerten sie mit diversen Scores, Indizes oder prozentualen Metriken. Auf diese Weise können sie einen erheblichen Einfluss darauf entfalten, was als Plagiat definiert, erkannt und möglicherweise sanktioniert wird, und haben damit potenziell normsetzende Wirkung auf Formen des wissenschaftlichen Schreibens. Gleichzeitig funktionieren derartige Programme als entscheidungsunterstützende Systeme, die selbst keine automatisierten Entscheidungen treffen, sondern deren Ergebnisse von menschlichen Benutzenden, z.B. Editors und anderen, herangezogen werden können, um Publikationsentscheidungen zu treffen. Wie diese Interaktion zwischen menschlichen und algorithmischen Akteuren jedoch abläuft, auf welche Weise hier menschliche Akteure auf automatisiert erzeugte Bewertungen zurückgreifen, und welchen Einfluss auf Publikationsentscheidungen die Software damit wirklich entfaltet, ist bisher jedoch weitgehend unbekannt. 

Diesen Fragen widmet sich der Vortrag anhand von digitalen Beobachtungen der Arbeit von Journal Editors mit Plagiatssoftware. Dabei werden zwei verschiedene Interaktionsweisen herausgearbeitet, die sich entlang unterschiedlicher Interfaces entfalten: ein stark schematischer Rückgriff auf automatisiert erzeugte quantitative Indizes einerseits und ein kritisch-rekonstruktiver Umgang mit Ergebnissen der Software andererseits. Insbesondere durch die zweite Interaktionsweise zeigt sich, dass die Software die Einzelfallentscheidungen nur in sehr eingeschränktem Maße bestimmt. Dennoch lassen sich strukturierende Effekte des Softwareeinsatzes beobachten, indem die Software die Plagiatserkennung überhaupt erst als Problem etabliert, mit dem sich Editors auseinandersetzen müssen, und indem sie Plagiate generell als stark quantitatives Konzept wörtlicher Übernahme definiert, wodurch andere Konzepte wie z.B. Ideenklau in den Hintergrund geraten. Damit ist der Effekt des Softwareeinsatzes weniger auf der Ebene der einzelnen Bewertungen zu sehen, sondern besteht stärker in der Etablierung eines generellen Verfahrens, durch das einzelne Bewertungen erzeugt werden.

 

 

03.05.2023

Florian Jaton

Groundwork for AI: Enforcing a benchmark for neoantigen prediction in personalized cancer immunotherapy
This talk expands on a recent series of studies asserting that algorithms – be they associated with terms such as “big data,” “machine learning,” or “artificial intelligence” (AI) – derive ultimately from benchmark datasets, often called ground truths, that gather input-data and output-targets, thereby establishing what can be retrieved computationally and evaluated statistically. I explore the case of the Tumor nEoantigen SeLection Alliance (TESLA), a consortium-based ground-truthing project in personalized cancer immunotherapy, where the “truth” of the targets to be retrieved by the would-be AI algorithms – immunogenic neoantigens – depended upon a broad technoscientific network whose setting up implied important organizational and material infrastructures. Moreover, instead of grounding a confident “truth,” the TESLA endeavor ended up establishing a contested reference, the biology of immunogenic neoantigens having slightly evolved during the lapse of this four-year project. More generally, this case study indicates that the enforcement of ground truths, and what it leaves out, is a necessary condition to enable AI in personalized medicine.

Florian Jaton is Postdoctoral Researcher at the STS Lab, a research unit of the Institute of Social Sciences of the University of Lausanne, Switzerland. Florian studied Philosophy, Mathematics, Literature, and Political Sciences before receiving his PhD in Social Sciences at the University of Lausanne. He also worked at the Donald Bren School of Information and Computer Science at the University of California Irvine and at the Centre de Sociologie de l’Innovation at the École des Mines de Paris. His research interests are the sociology of algorithms, the philosophy of mathematics, and the history of computing. He is the author of The Constitution of Algorithms: Ground-Truthing, Programming, Formulating (MIT Press, 2021; open access).

 

 

17.05.2023

Jens Ambrasat, Denise Lüdtke (RMZ)

Kooperationen und Wissenstransfer - Neue Ergebnisse vom Berlin Science Survey

In welchem Ausmaß kooperieren Berliner Forscher:innen? Sollten Sie aus Steuerungsperspektive mehr kooperieren - und wenn ja, mit wem? Diesen Fragen gehen wir mit einer Schwerpunktauswertung des Berlin Science Survey zum Thema Kooperation nach. Anhand der Einschätzungen der Wissenschaftler:innen beleuchten wir das Kooperationsniveau, die Qualität bestehender Kooperationsbeziehungen und zukünftige Kooperationspotenziale. Darüberhinaus möchten wir diskutieren, welche Bedeutung die empirischen Ergebnisse für eine wissenschaftspolitische Steuerung haben könnten und sollten.

 

 

31.05.2023

Sheena Bartscherer, Martin Reinhart

Replikationsinitiativen als soziale Bewegung

Die Replizierbarkeit von Forschungsresultaten gehört zentral zu Diskussionen um methodologische Standards in verschiedenen Forschungsfeldern. Die aktuelle „Replikationskrise" schließt an solche älteren Debatten an und verspricht eine Verbesserung von Forschungspraktiken durch eine Klärung von Replikationskonzepten und durch die Aktualisierung von methodologischen Standards für ein zunehmend digitales und interdisziplinäres Forschungsumfeld. Die aktuelle Debatte um Replikation ist nicht mehr nur fachbezogen, sondern interdisziplinär und erreicht sogar größere, nicht- akademische Öffentlichkeiten. Sie unterscheidet sich nicht nur dadurch von früheren Debatten, sondern auch durch die zunehmende ‚Gründung' von Replikationsinitiativen, welche einerseits konkrete Replikationsstudien durchführen und deren Resultate zur Diskussion stellen, sowie andererseits aktiv Forschungsinfrastrukturen und - anreize schaffen mit dem expliziten Ziel Replikationszahlen zu erhöhen. Replikationsinitiativen werden nicht nur als Beitrag zur Verbesserung von Forschungsqualität gesehen, sondern auch als neu entstehendes Forschungsfeld („replication science", „meta research"). An bestehende Forschung aus der Wissenschaftssoziologie resp. den Science Studies zu neu entstehenden Forschungsfeldern lässt sich anschließen und Replikationsinitiativen als soziale Bewegungen konzeptualisieren. Neu entstehende Forschungsfelder haben sowohl epistemische Aspekte – bspw. neue Forschungsfragen, Methoden oder Konzepte und Theorien – als auch institutionelle – bspw. neue Zeitschriften, Organisationen oder Förderstrukturen. Replikationsinitiativen als soziale Bewegungen zu konzeptualisieren, erlaubt es, sowohl die epistemischen wie auch die institutionellen Aspekte des Phänomens zu erfassen. Das Projekt wird eine „Kartografie" aller Replikationsinitiativen in den Sozial-, Verhaltens- und Kognitionswissenschaften erstellen. Um die epistemischen und institutionellen Aspekte zu erheben, werden zwei hauptsächliche Datenquellen verwendet: publizierte Dokumente der Replikationsinitiativen (Artikel, Protokolle, Webseiten, etc.) und qualitative Interviews mit den teilnehmenden Forschenden. Diese werden in drei methodischen Schritten analysiert – Literaturübersicht, Inhaltsanalyse und neopragmatische Diskursanalyse – indem auf das Zusammenspiel von argumentativen und institutionellen Strukturen fokussiert wird. Daraus ergeben sich drei substantielle Beiträge: 1. Eine Kartografie als Überblick über das Feld. 2. Eine Diskursanalyse als Fallstudie für die Wissenschaftsforschung zu entstehenden Forschungsfeldern. Der Fall ist von strategischer Relevanz für diese Literatur, da der Anspruch des Feldes „meta" zu sein, sich von den typischen Fällen unterscheidet, die inter- oder transdisziplinär verfasst sind. 3. Eine Informationsgrundlage für Forschende im Feld der Replikationsinitiativen über Replikationskonzepte, Replikationsdesigns und institutioneller Arbeit zur Förderung von Replikationen.

 

 

14.06.2023

Sheena F. Bartscherer

Negotiating evidence in exceptional times Methods on pause: Participant observation and the distant social

VolkswagenStiftung: Corona Crisis and Beyond – Perspectives for science, scholarship and society

Joint work with Lauren Cubellis, PhD, MPH (Humboldt-Universität zu Berlin)

This project considers how the evidence and ethics of research and political discourse are negotiated by scientists, policy makers, and the general public in the midst of the Covid-19 pandemic. The pandemic has generated an unprecedented situation in which the pressure on data to inform, guide, and correct emerging policy procedures is immense. While crisis situations can serve to generate innovation in the face of uncertainty, this innovative energy also challenges established protocols and best practices regarding the production and validation of new evidence. In the current crisis, the negotiation of emergent demands adaptable forms of evaluation and assessment, collaboration across scientific teams, and the rapid synthesis of often contradictory data. Naturally, the pandemic did not exclusively impact the medical research field, but also research culture in other non-medical fields.

One of the critical questions this project will therefore ask is how the pandemic has affected research practices throughout Europe in other fields such as the social sciences and how researchers were dealing with these unprecedented circumstances on a professional and private level. We wanted to investigate, if there was a change in the value of the research produced during the pandemic – in the sense that valuing is an ongoing practice of negotiation and justification –, which were conditions of intense uncertainty? How does the desire, across many levels of society, for positive outcomes influence the structures of research and data collection? What risks and orders of value or worth are being prioritized, and how and by whom are these decisions made under such conditions? Finally, how do scientists, health care providers, and policy makers understand themselves to be acting responsibly (or not) in the absence of a clear narrative around the significance of emerging data?

To create an environment in which we could potentially answer those questions, we hosted a series of workshops over the course of the last three years, starting with digital meetings, and finally, when the pandemic allowed in April 2022, an in-person meeting at the University of Tübingen. Over four days, we tried to think together about crisis, the modes of caring that are enacted through and in response to crisis, the affects and temporalities crisis and care mobilize, and to resist, in an explicit and overly determined sense, the pressure to produce something. Relieving that pressure, and resisting the temporalities of crisis that shape both every encounters and academic agendas, we found ourselves developing something more akin to a syllabus, and enacting, through reflexive practice, a means of speaking with each other that facilitated dynamic, critical, and thoughtful discourse, and a feeling of community and collaboration that might be sustainable over a long-term horizon. This syllabus is what we will expand on further in our discussion.

 

 

21.06.2023

Lise Moawad

Social sciences, their societal impact and the agonistic democracy

Whether in France, Germany or the United Kingdom, social sciences research and knowledge production activities have recently been reinscribed within institutionalised agonistic political confrontations (Mouffe 1994), which take academic neutrality, freedom, engagement, responsibility, or impact as divisive policy issues. The multiplication of formulas and buzzwords by political actors testifies to this polarisation of exchanges, especially in the so-called representative bodies of society. Parliamentary debates on that subject may be sometimes controversial, sometimes polemical, but their evolution has both policy and polity implications. In this context, to what extent do parliamentary debates, which are supposed to be the democratic debates par excellence, still play their role, namely deliberate, when it comes to social sciences?
This presentation aims to outline some thoughts on the evolution of parliamentary discussions on social sciences in the period 2012-2022. For three case studies (Assemblée Nationale and Sénat for France, Bundestag and Bundesrat for Germany, House of Commons and House of Lords for the UK), a rhetorical analysis of the debate transcripts (Wiesner, Palonen and Haapala 2017) will be carried out to see what MPs say about social sciences - and how they even do it. Testing such a methodology may thus contribute to the understanding of which social roles and functions are assigned to this disciplinary group, as it can help to identify what argumentative strategies are mobilised and what associations of ideas run through them.

 

 

28.06.2023

Anke Gruendel (Department of Cultural History and Theory/ Humboldt University of Berlin)

The Primacy of Problems: Aporetic Political Technologies and Democratic Innovations

Contemporary anticipation methods––such as scenario-planning or even public-sector design which are ubiquitous in our contemporary political landscape––are often understood as deeply apolitical or even anti-democratic. As a matter of course, such practices are associated with instrumental rationality and technocratic governmental forms which are opposed to genuine political practices. I contest such conventional interpretations of contemporary anticipatory practices and offer a genealogical inquiry into what became known as aporetics: a set of methods and procedures developed to address the fundamental aporias in political epistemologies of postwar American (R&D). Tracing the development of future-oriented methods like the Delphi method or strategic gaming, I argue that what they have in common is a procedural orientation towards the orchestration of contestation. Contemporary anticipatory methods that inherit this quality are therefore marked not by an absence of authentic politics understood as agonism but rather by a fundamental transformation in what it means to be political when facing uncertain and plural futures.

 

 

12.07.2023

Paula Muhr (Karlsruhe Institute of Technology)

Limits to the Circulation of Epistemic Critique in the Recent Reanalyses of the EHT Images of the M87* Black Hole

In April 2019, the Event Horizon Telescope (EHT) Collaboration that gathered over two hundred international scientists famously revealed the first empirical images of a black hole—a mysterious cosmic object thus far regarded ‘unseeable’. To create these revolutionary images that visualise the immediate surrounding of the black hole at the centre of the galaxy Messier 87, the EHT team used a constellation of seven radio telescopes that spanned the Earth and then spent two years algorithmically reconstructing empirically reliable images from the thus collected non-visual data. To obtain valid imaging results, the EHT team deployed multiple methodologies during the image reconstruction process, which all delivered sufficiently consistent results. Apart from revealing their final images to the public, the team also made their processed data and algorithms accessible to the public.

In 2022, five studies authored by scientists who were not members of the EHT team were published. Each study focused on reanalysing the publicly available EHT data, testing if they would obtain sufficiently similar images of the black hole. The stated purpose of these epistemic critiques was to verify the epistemic truth claims of the EHT’s final images of the black hole. The authors of each study thereby deployed different approaches. Some replicated the procedure developed by the EHT team; others developed alternative algorithmic techniques for reconstructing images from the EHT non-visual data. Four of the five critical reanalyses converged on their findings by obtaining images that were sufficiently similar to the initial EHT images published in 2019. One study diverged in their results and was subsequently criticised by the EHT team for its methodology.

As my paper will show, this circulation of the epistemic critique in the community of astrophysicists focused on imaging black holes is far more than a contrived academic exercise. Instead, it is of critical importance for the epistemological consolidation of the currently emerging research field of black hole imaging and, with its fine-grained methodological insights, has the potential to inform future EHT analyses and results. However, while the importance of critical replication studies for the community of specialists is difficult to overestimate, this type of discipline-specific epistemic critique remains highly hermetic. Since the implications and import of such a critique remain opaque for non-specialists, its circulation remains constrained to the members of the scientific community.

Paula Muhr obtained her PhD at the Institute of Art and Visual History, Humboldt University in Berlin (From Photography to fMRI: Epistemic Functions of Images in Medical Research on Hysteria, Bielefeld: transcript, 2022). She studied visual arts, art history, theory of literature and physics in Novi Sad and Belgrade (Serbia), Leipzig and Berlin. Her research is at the intersection of visual studies, science and technology studies (STS) and history of science and focuses on examining the epistemic functions of visualisation technologies in natural sciences. She is currently a post-doctoral researcher at the Institute for History of Art and Architecture, Karlsruhe Institute of Technology (KIT).

https://kit.academia.edu/PaulaMuhr